Carl F.W. Borgward - Aufstieg und Fall eines Autokönigs 13. Heimspiel
Carl F.W. Borgward - Aufstieg und Fall eines Autokönigs von C. Cay Wesnigk und Jörg Komorowski. Carl F. W. Borgward (1890 - 1963) hat einen Traum und er baut ihn nach - in Blech und Chrom: die legendäre "Isabella" - ein Auto, das Kult-Geschichte schreibt.
C. Cay Wesnigk und Jörg Komorowski
ARD/NDR, Kulturelle Filmförderung Bremen 1997/1998
Ernst-Schneider-Preis 2003
Carl F. W. Borgward (1890 - 1963) hat einen Traum und er baut ihn nach - in Blech und Chrom: die legendäre "Isabella" - ein Auto, das Kult-Geschichte schreibt. Der junge Mann steigt vom mittellosen Schlosser zum Bremer Automobilproduzenten mit über 20.000 Angestellten auf.
Ernst-Schneider-Preis 2003: "...Der Film hat eine exzellente Erzählstruktur und eine brilliante Dramaturgie..."
In Anwesenheit des Regisseurs C.Cay Wesnigk.
Pressebericht aus dem Weser Kurier (Stadtteilkurier, Ausgabe Mitte) vom 27. Januar 2005:
"Fatale Fehlentscheidungen aus Eitelkeit"
Borgwardfilm in der Schauburg vor vollem Saal gezeigt / Viele Zeitzeugen im Publikum / Lehrstück der besonderen Bremer Art
Von unserer Redakteurin Monika Felsing
STEINTOR. Mit einem Happy-End hat keiner im Kino gerechnet. Die Geschichte ist gelaufen, lange bevor sie auf der Leinwand beginnt. Trotzdem warten Hunderte im ausverkauften Saal der Schauburg gespannt darauf, es aufs Neue mit eigenen Augen zu sehen und mit eigenen Ohren zu hören. Aus dem Kinosessel heraus werden sie einmal mehr Zeitzeugen beim "Aufstieg und Fall eines Autokönigs" - Carl F. W. Borgward.
Die Dokumentation, dramatisch inszeniert wie viele Geschichtsdarstellungen heutzutage, hinterlässt eine Stimmung wie auf einem Staatsbegräbnis. Wo stünde Bremen heute, wenn Borgward gerettet worden wäre? Die Frage drängt sich förmlich auf. Hätte man den Untergang des Unternehmens mit etwas gutem Willen verhindern können? Viele im Publikum waren dieser Meinung, ohne sich allerdings einig zu sein. Der Bremer Senat spielt in Cay Wesnigks Film eine unrühmliche Rolle. Der frühere Wirtschaftssenator Karl Eggers steht wie ein Königsmörder da, wenn er erzählt, was aus seiner Sicht 1960/61 passiert ist. Alte Rechnungen sind beglichen worden, aus verletzter Eitelkeit und Unkenntnis wurden fatale Fehlentscheidungen getroffen, vermittelt Wesnigk dem Publikum. Und das fragt sich, was die Spiegelredakteure dazu trieb, den Konzernchef in einem vernichtenden Artikel als "Bastler" hinzustellen.
Die anderen Gegenspieler, Bayern und BMW, bleiben wie gewiefte Verschwörer im Dunkeln, eben dort, wo Borgward-Fans sie stets vermutet haben. Aber Bayern ist fern. Und der Schmerz sitzt tiefer. Die Sozialdemokraten seien an allem Schuld, meinen einige Borgward-Verehrer im Saal. "Typisch SPD! Die können nicht mit Geld umgehen!" Der Satz stamme ja nun von Wilhelm Kaisen selbst, kontert Wesnigk genüsslich. "Und er hat sich deshalb einen FDP-Mann geholt." Aber auch der Firmenchef kommt nicht gut weg. Cay Wesnigk und der Autor Jörg Komorowski porträtieren ihn als einen Alleinherrscher, einen Mann, der nicht auf seine Berater hörte und es versäumte, sich ein Netzwerk aufzubauen. Er war ein König ohne Hausmacht, ohne Verbündete. Mit einigen Bremer Politikern hatte es sich Borgward gründlich verdorben, von Banken wollte er nichts wissen. Ein Mann im Zuschauerraum hat in den Unterlagen seines verstorbenen Schwiegervaters, eines Bankers, einiges darüber gefunden. "Das kann ich alles belegen!"
Carl Borgward wollte als Geschäftsmann unabhängig bleiben. Um jeden Preis. Er zahlte die Rechnungen seiner Lieferanten erst nach Wochen oder Monaten -wie heute häufig üblich, allerdings mit Zinsen. Das war seine Art der Finanzierung und sie funktionierte, bis der Absatz einbrach. Borgward brauchte Geld und hatte keine Beziehungen. Der Senat weigerte sich, Monat um Monat Millionen zuzuschießen. Borgward wurde entschädigungslos enteignet. Der Siebzigjährige verlor sein Lebenswerk und musste tatenlos zusehen, wie der Konkursverwalter, ein BMW-Aufsichtsrat, den Betrieb abwickelte. Arroganz, eine Moral der tragischen Geschichte, ist schlecht fürs Geschäft. Wie herablassend Borgward sein konnte, ist Teil einer Legende, an der auch seine Gegner mitgestrickt haben. Die Zigarre in der einen Hand, das Glas Sekt in der anderen, pflegte der Firmenchef seinen Gesprächspartnern auf Stehempfängen nur den kleinen Finger zu reichen. Das ist verbürgt. Hat er aber tatsächlich, wie Wesnigk nach dem Film erzählte, seine Direktoren neben dem Auto herlaufen lassen, wenn sie ihm Bericht erstatten sollten? "Stimmt doch gar nicht", zischte ein empörter Autokönigstreuer aus der vierten Reihe. Und als es hieß, Monica Borgward sei im Saal, verrenkte sich mancher den Hals, um sie zu sehen. "Die Tochter", wisperte jemand.
Bei seinen Arbeitern und Angestellten genoss Borgward hohes Ansehen. Wenn der Patriarch durch eine seiner drei Fabriken ging, einem Lehrling ein Werkstück aus der Hand nahm und ihm zeigte, wie er es bearbeiten solle, dann zollten ihm die Arbeiter Respekt. Im Film spielen sie eine Nebenrolle. Ihr Schicksal aber war mit dem Borgwards verbunden. Über 20 000 Bremer Autobauer verloren Anfang der 60er Jahre ihren Arbeitsplatz. Und das ehemals reichste Bundesland einen Mythos.