TCC#2 Film-Collagen aus Bremen und aus Riga
Kurzfilm-Collagen aus historischem (und punktuell auch aktuellem) Filmmaterial, erstellt von Filmkünstler:innen beider Städte, feiern im Rahmen des Twin City Challenge #2 Premiere.
Die Collagen haben eine Länge von 5 bis 15 Minuten und basieren auf historischem Material, das vom jeweiligen Filmarchiv der Stadt zur Verfügung gestellt wurde. Hinzu kommt die jeweils individuell gestaltete Soundebene der Filme, die ihre ganz eigene, oft moderne, Geschichte erzählt und entscheidend zur Wirkung der Collagen beiträgt. Es entstanden die Filme DICKE BROCKEN von Sina Behnke und Anne Moder, FEMALENCE von Jacqueline Peters und Liesl Lindeque, THE MARCH von Krišs Salmanis und Marks Žubulis sowie POISON OF THE PAST von Patrick Peljhan. Sie werden ergänzt durch eine filmische Stadtsymphonie auf Riga, SOUND WE SEE, initiiert vom lettischen Online Kunst- und Kulturforum Arterritory.com.
Im Kino am Do 02.11.2023 um 20:30 City 46 Kommunalkino Bremen, Birkenstr.1
Installation 2.-5.11.23 je 15-21 Uhr im "UMZU" auf dem Hanseatenhof
Wie blicken Künstlerinnen und Künstler aus Riga und Bremen auf ihre Städte und deren jeweilige Geschichte? Welche Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Themen gibt es zu entdecken? Kreative und überraschende Antworten und Perspektiven liefern die künstlerischen Kurzfilm-Collagen, die Filmschaffende aus Bremen und Riga eigens für das Twin City Challenge Festival aus historischem Material der beiden Landesfilmarchive kreiert haben. Mit Filmsequenzen aus den 1920er Jahren, Material aus der Mitte und dem Ende des 20. Jahrhunderts und vereinzelt auch ganz frischen Aufnahmen, schlagen die Kurzfilme zeitlich und inhaltlich große Bögen. Mal dokumentarisch, mal experimentell, lassen sie uns historische Orte und Ereignisse, aber auch aktuelle Entwicklungen in Bremen und Riga mit neuen Augen sehen und die beiden Partnerstädte auf der Leinwand manchmal sogar miteinander verschmelzen. Hinzu kommt die jeweils individuell gestaltete Soundebene der Filme, die ihre ganz eigene, oft moderne, Geschichte erzählt und entscheidend zur Wirkung der Collagen beiträgt. Die Künstlerinnen und Künstler Sina Behnke und Anne Moder, Patrick Peljhan, Jacqueline Peters und Liesl Lindeque, sowie Krišs Salmanis und Marks Žubulis werden im Kino anwesend sein.
Moderation: Ilona Rieke.
Dicke Brocken von Sina Behnke und Anne Moder
Sina Behnke und Anne Moder haben für ihren Film ausschließliche mit dem zur Verfügung gestelltem Archivmaterial gearbeitet. Das was sie inspirierte waren Wörter; Schrift; die es gab und welche die es gibt. Beschriftungen sind Zeichen. Alte und Gegenwärtige. Sie weisen auf Orte hin die da waren. Orte die da sind.
Dinge die es gab und Dinge die es gibt. Orte und Dinge welche ihre Bedeutung verloren haben, weil sie entweder nicht mehr existieren oder weil sie im Laufe eines Jahrhunderts anders gelesen werden.
Erinnerungen können dicke Brocken sein – schwer verdaulich. Erinnerungen bleiben – müssen bleiben. Erinnerungen gleichen manchmal einem Traum. Assoziationen wechseln sich ab, ohne dass ein roter Faden erkennbar ist.
Sina Behnke und Anne Moder zerschneiden filmisch reale Wörter und setzen sie neu zusammen. Dahinter steckt nicht nur eine Auseinandersetzung mit Sprache und ihrer Dekonstruktion, sondern auch ihrer Entwicklung und typografischen Darstellung im öffentlichen Raum. Eine poetisch-melancholische Erzählung. Ein Cut Up Gedicht.
Anne Moder
lebt und arbeitet als freie Künstler:in und Musiker:in in Bremen. Ihre Arbeitsweise ist interdisziplinär und bedient sich unterschiedlicher Techniken und Genres. Die Themen werden dort abgeholt, wo sie stattfinden. Die Grundlage und Betitelung ihrer Arbeiten sind oft eigene Texte, Zitate, meist queerfeministischer Bands oder Künstler:innen, aber auch erinnerte Materialien und Gesten. Geschichte, Biografie oder aktuell gesellschaftspolitische Themen spielen in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung eine wichtige Rolle. Sie arbeitet meist installativ, performativ, raumbezogen und spielt dabei mit der Beschaffenheit von Dingen und deren Dekonstruktion. Im Juni 2023 schloß sie ihr Studium an der Hochschule für Künste Bremen als Meisterschüler:in in der Klasse Katrin von Maltzahn ab. Sie ist aktiv in zahlreichen freien Projekten und Auftritten, sowohl Solo als auch mit ihren Bands.
www.annemoder.de
Sina Behnke
ist eine in Bremen lebende Künstlerin, Musikerin und Designerin. Ihr künstlerischer Schwerpunkt liegt auf dem Zusammenspiel von bewegtem Bild und Ton. Ihre Arbeiten sind meist investigative Beobachtungen ihrer unmittelbaren Umgebung. Sie arbeitet als Solokünstlerin oder als Teil der Band „Spröde Lippen“. Die Ausarbeitung ihrer künstlerischen Recherche versteht sie als eigene Sprache. Sie erzählt Geschichten und verarbeitet biografische Erfahrungen sowie alltägliche Begegnungen. Der Fokus ihrer Arbeit liegt darauf, verborgene Korrespondenzen zwischen unterschiedlichen audiovisuellen Eindrücken aufzudecken und Bild- und Klangwelten in neuen Konstellationen auf ungewohnte Weise wieder zusammenzusetzen. Ihre Arbeit ist ein Balanceakt zwischen Dokumentation und Fiktion, zwischen Aufklärung und Spekulation.
www.sina-behnke.de
The March von Krišs Salmanis, Musik von Marks Žubulis
archive film transferred to HD video, 14:18
Thousands of people walking determinedly past the camera a hundred years ago. I am fascinated by how alive they were and how dead they are.
Since most of the people we see are political activists, students, officials and servicemen, we can quite safely assume that a large proportion of them perished in Soviet labour camps in Siberia. WWII and exile took their toll, too. I cannot imagine that any of them had that in mind as they went on the marches, demonstrations and processions we see in this film.
Krišs Salmanis
Krišs Salmanis lives and works in Riga, Latvia. He studied at the Art Academy of Latvia and the Media Art Academy of Cologne, Germany.
Salmanis has had shows at kim? contemporary arts centre in Riga, Latvia, CAC in Vilnius, Lithuania, Art in General in New York, USA, A4 in Chengdu, China, and elsewhere.
He has gained a number of awards, including at the 13th Tallinn Print Triennial (2004), 19. Videokunst Förderpreis, Bremen, Germany (2010), Purvitis Award (2017) and Latvian theatre award (2019).
Salmanis’ works are in the collections of the Latvian National Museum of Art, the Art Museum of Estonia and Kiasma, the Contemporary Arts Museum of Finland. He has taken part in numerous international artist residencies, including HIAP in Helsinki, Finland (2012), KAIR in Kamiyama, Japan (2015) and ISCP in New York, USA (2022).
He represented Latvia at the 55th Venice Biennale.
Marks Žubulis
An artist, who tries to evoke an emotional response from the audience through means of the texture and characteristics of the sound rather than the melodical or structural complexity, thus attempting to give the listener a bit of subconscious free space and simplicity.
Based out of London and Riga and currently studying Drama and Theatre Arts in London.
Femalence von Jacqueline Peters und Liesl Lindeque
FEMALENCE ist ein experimenteller musikalischer Stummfilm, welcher die Frage aufwirft, inwiefern der öffentliche Raum, das Stadtzentrum Bremens, für alle Menschen gleichermaßen da war und ist. Es beschäftigt sich mit weiblicher Abwesenheit, getrennten, geschlechtsspezifischen Außen- und Innenräume, Sexualisierung und Degradierung. Dabei zeigt er 100 Jahre städtischen Wandel und Stagnation rund um den Bremer Roland auf.
Jacqueline Peters
Filmemacherin aus Bremen, absolvierte 2018 ihren Bachelor in Kulturwissenschaften und Digitale Medien an der Leuphana Universität Lüneburg. Anschließend kehrte sie in ihre Heimat zurück und begann an der Universität Bremen ihren Master in Transnationale Literaturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Film, den sie 2023 mit der filmpraktischen Masterthesis Migration, Gender und Film, dokumentarischer Film als kunstbasierte Forschung abschloss. Seither setzt sie sich mit (queer-)feministischen, emanzipatorischen und filmischen Konzepten auseinander.
Von 2020 bis 2021 lebte sie abwechselnd in Bremen und Thessaloniki, studierte dort für ein Auslandssemester am Institut Film und Literatur der Aristoteles Universität und engagierte sich zusätzlich für Frauen und Mädchen auf der Flucht. Es entstand dabei die geföderte Kurzdokumentation Midnight Escape – Fateme und weitere filmdokumentarische Porträts, indem die Protagonist*innen kollaborativ und partizipativ mit der Filmemacherin zusammenarbeiteten. 2022/2023 unterstützte sie den iranischen Regisseur Mohsen Azizi Ashtarkan als Projektleitung bei der Umsetzung des künstlerischen Kurzfilms NAZANIN.
Derzeit arbeitet Jacqueline als filmkünsterlische Leitung in dem transdiziplinärem Theater – Tanz – Filmprojekt der Gruppe LXS Cahuinera*s mit und arbeitet an dem von Nordmedia geförderten Projekt Ein Blick zurück.
Liesl Lindeque
Liesl Lindeque ist eine in Südafrika geborene und in Bremen lebende Künstlerin und Musikerin. Mit einem interdisziplinären Ansatz beschäftigt sie sich mit der Frage, wie das Elektronische und das Organische interagieren und koexistieren, wobei ihre Arbeit Komposition, Improvisation, Bewegung und Sprache umfasst.
Zu ihren letzten Projekten gehörten einige Gruppenausstellungen und Performances, darunter das kollaborative ortsspezifische Projekt reamp (das im Rahmen von RESTORE_ Bremen stattfand), Blick in den Fluss, der Fluss Blickt Zurück (eine Gruppenausstellung und Performance im Künstlerhaus Georgswerder, Hamburg) und Breech-Breach (das im Raumpro Bremen stattfand).
Außerdem hat sie einige Soundtracks für Filme komponiert, darunter Birth Proof, der experimentelle Kurzfilm von Alex Beriault und grandma, I am von Mengzhu Xue.
Liesl arbeitet derzeit an ihrem selbstproduzierten musikalischen Soloprojekt elisque, das bereits in Bremen und Berlin aufgeführt wurde und Anfang 2024 als Debütalbum erscheinen wird.
Das Gift der Vergangenheit von Patrick Peljhan
Einkanalvideo, 5:20 min.
Das Gift der Vergangenheit ist ein Streifzug durch die historischen Filmbilder Bremens und Rigas im beginnenden 20. Jahrhundert. Der Großteil des genutzten Materials stammt aus der Zeit vom ersten und zweiten Weltkrieg. Bei den Aufnahmen handelt es sich dabei hauptsächlich um Impressionen, die die Städte vor kriegerischen Handlungen und deren Zerstörung zeigen.
Diesen teils unscheinbar anmutenden Bildern, setzt Peljhan einen Kommentar in Form eines Untertitels entgegen. Dabei reflektiert und dekonstruiert er Stück für die Stück die Erscheinung und Bedeutung solcher Archivbilder um schließlich zu einer größeren Fragestellung zu kommen, die sich abseits der Bilder verbirgt.
(geb. 1991) ist Künstler, Filme- und Radiomacher. Er lebt und arbeitet in Bremen.
In seinen Arbeiten erzählt er persönliche (Familien-)Geschichten über gesellschaftliche und mediale Phänomene der Migration.
Ein zentraler Aspekt seiner künstlerischen Praxis ist die Verwendung von Archivfilmen und Amateurvideos.
Mit dem Medium Video erforscht er den Prozess des Erinnerns und stellt dabei ungewöhnliche Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart her.
Sound We See: Riga von Arterritory.com, Echo Park Film Center, 24 Latvian filmmakers & composer Platons Buravickis
Special thanks to Daiga Rudzate for making the screening in Bremen possible!
27:19 Min.
"What you are about to see is a film that was made in the summer of 2017 by 24+1 people on 16mm cameras for some of whom this was a first time encounter with analogue film making. Each participant of the project was given one roll of film and had to choose one hour from the cycle of the day to film in. Then the material was condensed to one minute. The minute-long stories of each of the participants of the project have been edited to form a 24 minute journey through the city of Riga the way they see it. For this journey the composer has created a musical composition comprised of 24+1 vignettes."
The art and culture website Arterritory.com, in cooperation with the non-profit media arts organization Echo Park Film Center (Los Angeles, USA) created the audiovisual project „The Sound We See: Riga.“
The cinematic story about contemporary Riga initiated and conducted by two directors of Echo Park Film Center – Paolo Davanzo and Lisa Marr – was elaborated by the following 24 inhabitants of Riga, artists, photographers, musicians, writers:
Agnese Krivade, Aigars Bikše, Anda Lāce, Ansis Starks, Atis Jākobsons, Evelīna Ozola, Gunārs Binde, Ieva Epnere, Jānis Putniņš, Karlīna Vītoliņa, Katrīna Neiburga, Kristiāns Brekte, Krišs Salmanis, Maija Kurševa, Mārtiņš Grauds, Miķelis Baštiks, Miķelis Putniņš, Pauls Bankovskis, MAREUNROL’S, Sergejs Timofejevs, Odrija Fišere, Signe Birkova, Viesturs Meikšāns and Andris Freibergs.
The black-and-white short film is an emotional journey through the city, musically enlivened by the composer Platons Buravickis, Jēkabs Nīmanis (clarinet) and Ēriks Kiršfelds (cello).
Das vollständige Programm von Twin City Challenge #2:
2023 ist die Hansestadt Riga eingeladen, mit ihren Künstler:innen in den Austausch mit der Hansestadt Bremen zu gehen. Die Partnerstädte Bremen und Riga zeichnen, neben geschichtlichen Parallelen als Teil der Hanse, städtebauliche Ähnlichkeiten aus. Beide Städte liegen an Flüssen, Weser bzw. Düna, und in der Nähe der Nordsee bzw. direkt an der Mündung zur Ostsee. Beide Städte verfügen über signifikante Grünflächen, Bremen gilt als die grünste Großstadt in Deutschland. Gleichzeitig gibt es markante und historisch begründete Unterschiede in der Architektur und Stadtentwicklung, die ebenso reizvoll für einen fotografischen Dialog erscheinen.
Schirmherr ist Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, Präsident des Senats