24.03.2019 um 11 Uhr im City46
Hommage an Roland Mayer Heimspiel 148
Im Februar 2019 ist Roland Mayer gestorben. Er war Gründungsmitglied des Filmbüro Bremen e.V. Zusammen mit Barbara Thiel und dem Kommunalen Kino City46 lädt das Filmbüro zu einer Matinée ein.
Roland Mayer war Gründungsmitglied der Filmbüros in Niedersachsen 1987 und Bremen 1988.
Als Kameramann und als Produzent mit seiner Firma e-motion-factory.tv war er aktiver, dem Nachwuchs aufgeschlossener und professionell erfolgreicher Filmschaffender in Bremen.
Wie zu erwarten war das Kommunale Kino voll von Filmschaffenden, die gekommen waren, um sich von ihrem Kollegen und Freund Roland Mayer zu verabschieden. Barbara Thiel hatte Fotos und Filmausschnitte aus ihrer gemeinsamen Arbeit zusammengestellt. Die von ihr verfasste Rede, vorgetragen von Burkhard Bock, ließ die wichtigen Etappen seines professionellen Lebens Revue passieren und fand treffende Worte für eine Charakterisierung von Roland Mayer. Auch ein Blick durch die Reihen der rund 130 Anwesenden zeigte, dass hier Abschied genommen wurde von einem Menschen, der über die Genres und Generationen hinweg wohlwollend und interessiert aktiv war.
Alfred Tews vom Kommunalen Kino 46 und Saskia Wegelein vom Filmbüro Bremen würdigten in kurzen Beiträgen Rolands Beitrag zur Bremer Filmkultur und luden im Anschluss zu Kaffee, Kuchen und ausführlichen Gesprächen.
Rede zur Gedenkfeier für Roland Mayer am 24.3.2019 im Kommunalen Kino bremen City46
Roland Mayer war ein Freigeist. Schon früh ließ er sich in kein Schema pressen und misstraute allem, was sein sollte, weil es eben schon immer so war.
In die Schule ging er, heute würde man cool sagen, unkonventionell mit einem Stoffbeutel statt einer Schultasche, liebte Mathematik und alles was irgendwie mit Logik zu tun hatte. Während seines Zivildienstes arbeitete er im Rheumakrankenhaus des Kurorts Wildbad im Schwarzwald. Danach beschloss er Medizin zu studieren. Seine Mutter wünschte sich für ihn eine Stelle beim Finanzamt: das war für sie logisch, weil er doch so gut rechnen konnte. Roland im Finanzamt!? das kann sich heute und hier wahrscheinlich keiner vorstellen. Um Punkte zu sammeln, denn damals war für Medizin noch ein NC von 1.0 notwendig, entschied er sich zu einer Schreinerlehre. Mit Zottelhaar und Vollbart, in selbstgestrickten Pullovern verwirklichte er sich beim Arbeiten mit dem Werkstoff Holz. Eigentlich werkelte er sein ganzes Leben gerne mit Holz. Doch dann entschied er sich um. Er machte die Aufnahmeprüfung an der Kunsthochschule in Bremen. Nachdem er in der Malklasse gestartet war, entschied sich für die Filmklasse, weil er die Möglichkeiten des Films sehr viel reizvoller fand. Hier konnte er das künstlerische Bild mit den Komponenten Zeit und Ton verbinden. In der Filmklasse begannen Freundschaften, die bis heute andauern.
Nach seinem Studium arbeitete er als freischaffender Kameramann und war Gründungsmitglied der Filmbüros in Niedersachsen und Bremen. Um unabhängiger zu sein, entschloss er sich eigenes Equipment anzuschaffen und eine eigene Firma zu gründen: seit 20 Jahren gibt es die e-motion-factory GmbH mit Angestellten und Auszubildenden. Erste Projekte waren Aufzeichnungen im Rahmen des Bremer Musikfestes. Ein Ritterschlag stellte die Durchführung des Konzerts mit Jessye Norman dar, die sich persönlich bei ihm für die professionelle Arbeit bedankte. Dies war der Startpunkt für die vielen Konzert-, Opern- und Theateraufzeichnungen.
Roland war ein sehr sensibler Kameramann. Man konnte mit ihm zu empfindsamen Menschen gehen. Auch bei einmaligen Events konnte man sich auf ihn verlassen. Er warf sich mit seiner Kamera immer voll ins Geschehen und lieferte Bilder, die ganz nah dran waren.
Seit 1999 bildete Roland Mayer aus. Das war nicht immer ganz einfach, das ist ja ein bisschen wie in einer großen Familie, wo alle zufrieden sein sollen. Aber Roland war sehr geduldig und wollte sein Wissen gerne weitergeben. Deshalb wurden die Auszubildenden möglichst in die Projektarbeit eingebunden. Roland schätzte den frischen unverstellten Blick der jungen Leute auf die gewünschten Themen und konnte die Ideen auch gut bei der Kundschaft anbringen.
Seit 2006 wurden die Internationalen Göttinger Händelfestspiele, und seit 2012 die Bremer Jazzmesse "jazzahead" mit 3 Livebühnen, sowie das Jazzfestival "Jazzbaltica" an der Ostsee, jährlich wiederkehrende Ereignisse für Konzertaufzeichnungen. Im Laufe der Jahre wuchs eine vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit, und es war immer eine Freude auf beiden Seiten, wenn wir dort eintrafen, blind die Kabel verlegten und ablieferten, was der Auftraggeber wünschte. Eines der größten Komplimente kam vom Künstlerischen Leiter der Jazzbaltica. Vor drei Jahren sagte Nils Landgren: „Wir Musiker machen Kunst auf der Bühne. Aber ihr macht genauso Kunst mit euren Kameras und der Bildmischung. Ohne euch könnten wir nicht so spielen. Das Publikum liebt eure Bilder und das spüren wir auf der Bühne. Da kommt ganz viel zurück und das trägt uns.“
Eine besondere Leidenschaft von Roland waren anspruchsvolle Dokumentarfilme. Hier arbeitete er seit über 10 Jahren mit Leonardofilm in Oldenburg zusammen. Die Firma ist bekannt für ihre sorgfältige Recherche und ambitionierten Wissenschaftsthemen. Am liebsten zog er selbst mit den RedakteurInnen los um zu drehen. Als Firmenchef eigentlich schwer machbar. Aber für Roland war ja nichts unmöglich – denn es gibt ja bekanntlich immer eine Lösung.
Wichtig war ihm immer eine unaufgeregte Durchführung der Projekte. Auf den vielen Reisen fühlte er sich frei. Weit weg, in Asien, Afrika, Amerika konnte er aufleben und sich mit Haut und Haar der Filmthematik, dem Land, und vor allem den Leuten und ihrem Leben hingeben.
Ein besonderer Höhepunkt war die Eröffnung der Elbphilharmonie in Hamburg. Roland übernahm mit seinem extrem versierten Team, den kniffligen Job der Übertragung ins Fernsehen. Es kam ein Anruf von der arte-Chefin in Hamburg, ob Roland das machen könnte? "Denn wenn es jemanden gäbe, der das Know-How und die Nerven dazu hätte, dann Roland Mayer".
Aber die Zeit verging immer schneller. Roland spürte das. Das Filmgeschäft ist, trotz der vielen Emotionen, die es in den Filmen transportiert, sehr emotionslos.
In den letzten 2 Wochen seines Lebens hatte er keine Kraft mehr um der kurz zuvor diagnostizierten Krebskrankheit etwas entgegenzusetzen. Die einzige Möglichkeit den aggressiven Verlauf zu stoppen war eine Chemotherapie. Drei Tage war er im Krankenhaus und arbeitete danach einfach weiter, wie er es sein ganzes Leben lang getan hatte. Sein Verantwortungsbewusstsein siegte über die realistische Einschätzung seiner Kräfte. Eigentlich wollte er noch vieles bewegen und regeln.
Bis zum 7. Februar. An dem Tag musste er aufgeben - um endlich Ruhe zu finden.
Und auch da ging er ganz unaufgeregt und gefasst.
Viele werden seine natürliche, menschliche, geduldige, ehrliche und wohlwollende Art in Erinnerung behalten.
Seine Kinder waren die Firma, die vielen wunderbaren Filme und Kulturprojekte und natürlich die vielen Auszubildenden, die nach ihrer Ausbildung zum Mediengestalter Bild/Ton ihren Weg, teilweise in andere Richtungen weitergingen, oder in anderen Unternehmen und bei Sendern Karriere machten.
Er hat in seiner Wahlheimat Bremen und im norddeutschen Raum viele Spuren hinterlassen.
Barbara Thiel, vorgetragen von Burkhard Bock
Die Reihe "Heimspiel Bremen" und "Heimspiel Extra" wird ermöglicht durch Projektmittel des Senators für Kultur Bremen.