Mai 2018
Filmstart Bremen 04 die Stipendien 2018/19
nordmedia und Filmbüro Bremen haben für Nachwuchsfilmprojekte und künstlerische Filme mit einem Förderbedarf zwischen 1.000 und 10.000 Euro gemeinsam das Projektstipendium Filmstart entwickelt und nun zum vierten Mal vergeben. In diesem Jahr standen 32.700 Euro zur Verfügung.
41 Filmschaffende – davon 39 aus Bremen – hatten sich mit ihren Projekten beworben. Dokumentarfilme, Spielfilme und Animationen, Projektentwicklung, Produktion, Vertrieb – die Anträge spiegeln das vielseitige regionale Filmschaffen in seiner ganzen Farbigkeit.
Die Jury
bestand aus Johanna Sunder-Plassmann (Dokumentarfilmerin / Gestalterin von Ausstellungen, Köln), Birnur Pilavci (Filmemacherin, Berlin) und Andrzej Król (Kameramann, Hamburg).
Frauen in Kultur und Medien
Die Jurysitzung fand am 19./20. April 2018 im Filmbüro Bremen statt und war auch ein Beitrag zur bundesweiten Fragestellung, wie es denn „Frauen in Kultur und Medien“ so geht. Beide weiblichen Jurymitglieder sind junge Mütter und beide brachten ihre 8-monatigen Kinder mit. Während der Junge mit der extra angereisten Großmutter die meiste Zeit spazieren war, war das Mädchen durchgehend bei der Sitzung dabei.
Im Vorfeld weckte das zunächst Sorge: Würde die Jury unter diesen Umständen konzentriert arbeiten können? Müsste im ganzen mehr Zeit eingeplant werden? Wäre das ganze eher ein Kraftakt um den Beweis für „alles ist möglich“ anzutreten? Nichts dergleichen. Die mehrstündige intensive Diskussion über die eingereichten 41 Projekte wurde durch die Anwesenheit der beiden Kinder überhaupt nicht beeinträchtigt und die sowieso nötigen kreativen Pausen wurden einfach genau dann gemacht, wenn eines der Kinder gestillt werden wollte. Nur die beiden Mütter waren natürlich immer wieder in zwei Lebensbereichen gleichzeitig gefordert.
Aus den 41 Projekten wurden neun zur Förderung ausgewählt.
Wir können gespannt sein auf den neuen Filmstart-Jahrgang: zwei Kurzspielfilme, der Pilot einer Animationsserie, zwei künstlerische Dokumentationen werden aktuelle Themen einmal ganz anders vorstellen; Dazu eine Kurzdokumentation und die Vertriebsförderung für einen herausragenden Abschlussfilm von der Hochschule für Künste Bremen.
Wir können gespannt sein und danken der Jury für die engagierte Befassung und Auswahl. Die Präsentation der Filmstart-Projekte erfolgt jeweils auf dem Filmfest Bremen.
Gefördert werden durch das Projektstipendium Filmstart 04:
The Thing Zaihab Haidary (Bremen)
7.000 € für die Produktion einer Videodokumentation
I learned at school that an object can define or represent a specific fact, a theory or a thought. Basically, it is the connection between the concept that we have in our mind which refers to an evidence or an object outside.
Jurybegründung:
Eine ungewöhnliche Darstellung der komplizierten Themen Kolonialisierung und Globalisierung verspricht uns das Konzept zu „The Thing“. Parallel erfahren wir in einer Installation von der Bedeutung von gleichen Objekten an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten. Geschichte anders zeigen und deuten – auf Basis der sehr überzeugenden vorherigen Arbeit von Zainab Haidary wollen wir mit ihr dieses Experiment wagen.
Zainab Haidary is a visual artist. She has a Bachelor Degree in Fine Arts from Kabul University, and currently studies at the HfK Bremen/Germany. She is a member of Women in Film and TV. Zainab has shown her art both on a national and international scale. She was an artist of DOCUMENTA (13) and has thus exhibited her works in Kassel, Germany and Kabul, Afghanistan in 2012.
ALP Julia Müller (Bremen)
5.000 € für die Produktion eines Animationsfilmes
ALP spielt in einer Welt, in der jeder, der das Beste aus sich selbst macht, seinen Alterungsprozess in zehnjährigen Etappen anhalten kann. Die Serie verfolgt 6 Charaktere, die in diesem ALP genannten System leben.
Jurybegründung:
Die Animationsserie ALP malt uns eine unheimliche Welt der Selbstoptimierung aus. Jeder, der das Beste aus sich macht, kann darin den eigenen Alterungsprozess in zehnjährigen Etappen anhalten. Ein interessantes und gut durchdachtes Setting mit visuell spannenden Charakteren. Wir freuen uns auf ein packendes, gesellschaftskritisches Szenario, das zum Nachdenken anregt.
Julia Müller, 1993 geboren in Bremen-Nord, studiert integriertes Design an der Hochschule für Künste Bremen. Anfänglich konzentriert auf Zeichnung und Comic, arbeitet sie nun seit einigen Jahren mit Zeichentrick. In ihren eher abstrakten Narrativen geht es zumeist um die menschliche Psyche.
Brennt noch Fabian Nolte (Bremen) und Moritz Schierenbeck
5.000 € für die Produktion eines Kurzspielfilmes
Zwei Leuchtturmwärter verrichten abwechselnd Schichtdienst an der Küste. Langsam entwickelt sich eine Freundschaft, aus der mehr wird.
Jurybegründung:
Leuchtturmwächter – ein aussterbender Beruf. Umso erfreulicher, dass es einen jungen Filmemacher zu einem Kurzfilm inspiriert! Ein Film über zwei kauzige Seebären, die sich nur von Schichtwechsel zu Schichtwechsel begegnen. Und die offensichtlich mehr gemein haben als ihre Liebe zum Meer. Bleibt zu hoffen, dass Filmemacher Fabian Nolte und Co-Autor Moritz Schierenbeck ihre vielversprechende Kollaboration fortführen.
Fabian Nolte eröffnete 2010 seinen ersten YouTube-Kanal “dailyknoedel”, gewann dafür 2013 einen Webvideopreis und produzierte ab 2014 eine Radiokolumne für Bremen Vier. 2016 startete er zusammen mit Radio Bremen das YouTube-Format “Was mit Fabian”, wo er bis Dezember 2017 mehrfach wöchentlich Videos produzierte.
Moritz Schierenbeck begann 2015 beim SAE Institute in Hamburg “Digital Film & VFX” zu studieren und schloss das Studium 2017 mit dem SAE Diploma erfolgreich ab. Sein Abschlussfilm, den er mit zwei Kommilitonen an 5 Drehtagen in Hamburg und Lübeck produzierte, wurde schließlich im Mai 2017 fertiggestellt.
Polens zwei Gesichter Jakub Dudzikowski (Bremen)
5.000 € für die Produktion eines Dokumentarfilmes
Polen scheint gerade zwei Gesichter zu haben: Zum bekannten Bild eines aufstrebenden EU-Mitglieds ist seit dem Regierungswechsel 2015 ein neues dazugekommen, das auf viele Menschen unverständlich wirkt. Dieser Film zeigt beide Gesichter Polens: Er portraitiert junge Nachwuchspolitiker zweier gegensätzlicher Lager und zeigt dabei ihre Sicht auf das Land und auf Europa. Durch persönliche Einblicke in die Leben der Protagonisten wird der gesellschaftliche Wandel in Polen greifbar gemacht.
Jurybegründung:
Wegen dem aktuellen Thema und einer überzeugenden Arbeitsprobe hat sich die Jury darauf geeinigt das vorhaben zu fördern. Trotz des relativ jungen alters des Filmemachers, sind wir der Meinung dass er die Herausforderung meistern wird. Ein gutes Auge für dokumentarisches arbeiten, hat er bereits bewiesen.
Jakub Dudzikowski ist 1998 in Aachen geboren und beschäftigt sich seit 6 Jahren vor allem mit Kurzfilmen. Nach dem Abitur folgte mit „Niñez– Kindheit in Nicaragua“ der erste Dokumentarfilm. Im Oktober 2017 hat er ein Psychologiestudium an der Uni Bremen begonnen.
Tchórz (AT: Hinter deinen Augen) Martin-Oliver Czaja (Bremen) und Lukas Holländer
3.500 € für die Produktion eines Kurzspielfilmes
Die junge Drehbuchstudentin Miriam begleitet für Recherchezwecke den deutsch-polnischen Dawid und seine Freunde im Alltag und stößt dabei an ihre eigenen Grenzen, die sie vor eine moralische Entscheidung stellen. Ein Film über eine Begegnung, an der beide Seiten wachsen und lernen, dass jeder von uns mehr ist als es auf den ersten Blick scheint.
Jurybegründung:
Zwischen Martin-Oliver Czajas beiden Arbeitsproben hat eine große Entwicklung stattgefunden. Mit HINTER DEINEN AUGEN (AT) geht der junge Filmemacher einen weiteren Schritt in Richtung Professionalisierung. Es stimmt zuversichtlich, dass er so ganz und gar seine Figuren kennt und ihnen mindestens ebenso viel vertraut. Beste Voraussetzungen also, um im Kleinem etwas Großes zu erzählen. Besonders in seinem persönlichen Zugang zu dieser zarten Geschichte sehen wir Czajas Chance, seine Handschrift zu verfeinern und seine Zusammenarbeit mit dem Co-Autor weiter auszubauen.
Martin-Oliver Czaja ist in Hamburg geboren und seit 2015 Student der Universität Bremen im Studiengang Kunst-Medien-Ästhetische Bildung. Zuvor sammelte er in verschiedenen Produktionshäusern Erfahrungen als Praktikant und freier Mitarbeiter u.a. bei Studio Hamburg, Skalar Film, Hamburg Media School. Seine bisherigen zwei Kurzfilme liefen erfolgreich auf Festivals im In- und Ausland wie u. a. dem deutschen Nachwuchsfilmpreis oder auf dem Portobello Filmfestival in London.
Lukas Holländer ist Bremer und seit 2015 Student der Universität Bremen im Studiengang Kunst-Medien-Ästhetische Bildung sowie Philosophie. Zuvor hat er ein Jahrespraktikum bei Radio Weser.TV Nordenham abgeschlossen. Während des Studiums drehte Lukas 3 Kurzfilme, die sich den Genres Essayfilm und Experimentalfilm zuordnen lassen.
Cities of Exile Shirin Mohammad (Bremen)
2.000 € für die Produktionsvorbereitung eines Dokumentarfilmes
A short documentary about small cities in Iran. These cities were known as significant historical and archeological sites, but nowadays they turn into places for people who were banished from their own land to these cities.
Jurybegründung:
Ausdrucksstarke und sorgfältig gestaltete Kompositionen, ruhiges Tempo der Schnittfolge, bestimmen die Handschrift der Filmemacherin. Wir trauen Ihr zu aus dem schwierigen Vorhaben einen überzeugenden Film zu gestallten, sowohl im visuellen als auch im inhaltlichen Zusammenhang.
Shirin Mohammad was born in 1992 in Tehran, Iran. She studied Cinema at Sooreh Art University in Tehran. Currently, she studies Fine Art at Hochschule für Künste Bremen in Germany. She had different screenings and exhibition worldwide like: Museum of Contemporary Photography(Chicago), Kunstverein (Freiburg), No Man´s Art Gallery (Amsterdam), O Gallery (Tehran).
Requiem der Augenblicke Jan Albin und Paul Jackson (Bremen)
2.000 € für die Produktion eines Kunstfilmes
Zwanzig neue Gedichte, vier SchauspielerInnen, die Bilder dreier Bremer Maler und ein Cellist – das sind die Bausteine des Kunstfilms „Requiem der Augenblicke“. Thema des Filmes ist die Sehnsucht nach Liebe, die Angst vor Einsamkeit und die Erinnerung an Vergangenes.
Jurybegründung:
Gedichte zu verfilmen ist ein vages Vorhaben. Wer sich da heran traut bewegt sich meistens auf einem schmalen Grad. Die aussagekräftige Arbeitsproben, haben uns überzeugt und wir hoffen auf mehr davon.
Paul Jackson is a Swedish documentary filmmaker and journalist with 25 years of experience in the profession. He has also worked for two years as a video teacher for both adults and children.
Inside the White Cube Julian Öffler
2.000 € für die Produktion einer experimentellen Dokumentation
Das Projektvorhaben beschäftigt sich auf experimentell-performative Weise mit dem Verhältnis von Künstler, Werk und Institution. Im performativen Forschungsdiskurs werden die drei Elemente hinsichtlich ihrer Interaktion und Objektivität geprüft.
Jurybegründung:
„Inside the white Cube“ im wahrsten Sinne des Wortes: Ironisch und klug beleuchtet Julian Oeffler die Entstehung eines Kunstwerkes innerhalb seiner Rahmenbedingungen von Institution, Kuration und Erwartungshaltung der Rezipienten.
Julian Öffler studierte bei den Künstlern Korpys/Löffler an der Hochschule für Künste Bremen. Derzeit ist er wohnhaft in Hannover als Jahrestipendiant des Kunstvereins Hannover. Das filmische Werk von Julian Öffler überzeugt aufgrund seiner kritisch-provokanten wie humorvoll-spielerischen Befragungen der Erwartungshaltung an die Kunst und von deren Produktionsmechanismen und -prozessen.
Ničiji Dom. No One's Home Nevena Savić (Bremen)
1.200 € für den Vertrieb des Kurzspielfilmes
Ein Haus auf dem Land in Bosnien, Fensterläden verschlossen. Aus dem Schornstein steigt Rauch auf. Es ist niemandes Zuhause, ein Ort, an dem seit Jahrzehnten keiner willkommen ist. Ivica, ein Mann Ende 70, lebt hier allein und isoliert.
Jurybegründung:
Diese rührende und fein beobachtete Geschichte über einen innerlich wie äußerlich verwahrlosten alternden Mann, der abgeschieden in (s)einem Haus in den Wäldern von Bosnien Herzegowina vegetiert, verdient unsere größte Anerkennung. Die besondere Herausforderung an die Filmemacherin, die immanent wichtige Backstory über die Hintergründe zum trostlosen Dasein der Hauptfigur visuell interessant und spannend zugleich zu gestalten, hat sie mit Bravour gemeistert und erntet unseren Beifall.
Nur zu gerne fördern wir seinen Vertrieb.
Nevena Savić, 1990 in Bosnien und Herzegowina geboren, ist in Deutschland aufgewachsen. Sie hat in Bremen Politikwissenschaft, Integriertes Design und Freie Kunst studiert. "Ničiji Dom - No One's Home" ist ihr erster Kurzfilm.
Information und Kontakt:
Saskia Wegelein-Golovkov oder Ilona Rieke
Mail: (Email-Adresse)
Telefon: 0421-7084891